Europäischer Tag gegen Menschenhandel
Insgesamt acht Fachstellen für Opfer von Menschenhandel bzw. Zwangsprostitution werden vom Land NRW gefördert, dazu zählt auch unsere Fach- und Beratungsstelle Nachtfalter. Sie alle veranstalten am 18. Oktober gemeinsam in mehreren Städten in NRW die Aktion „Blue Blindfold“, die die Öffentlichkeit sensibilisieren, auf das Thema aufmerksam machen und über die Hilfsmöglichkeiten aufklären soll.
Die Blue Blindfold-Kampagne basiert auf einem vom „UK Human Trafficking Centre“ entwickeltes Konzept. Es soll Menschen dazu ermutigen, ihre Augen vor Menschenhandel nicht zu verschließen. Sie wurde 2009 von der „Anti-Human Trafficking Unit“ in Irland angepasst. Weitere Informationen unter www.blueblindfold.ie
Jedes Jahr werden weltweit Millionen Menschen verkauft und ausgebeutet, in Zwangsprostitution, Arbeit oder Bettelei auch in Essen. Der Nachtfalter berät, begleitet und betreut jährlich um die 60- 80 Frauen, die Opfer von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung geworden sind.
Die prekären Situationen in den Herkunftsländern wie wirtschaftliche Instabilität, ethnische Diskriminierung und die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder aufgrund körperlicher Beeinträchtigungen sowie fehlende Perspektiven führen dazu, dass insbesondere Mädchen und Frauen in die Hände von Menschenhändlern geraten. Sie glauben deren falschen Versprechungen von einem gut bezahlten Job in Europa, fallen der vorgetäuschten großen Liebe zum Opfer oder werden mit Gewalt zur Prostitution gezwungen. Die Betroffenen kommen überwiegend aus afrikanischen, ost- und südeuropäischen sowie asiatischen Ländern.
Wenn Gewalt und Zwang eine Rolle spielen, muss dies klar als Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung benannt sein und nach §232 StGB geahndet werden.
Für bessere Arbeitsbedingungen in der Sexarbeit
Wir als Caritas-SkF-Essen sprechen uns klar gegen Menschenhandel, aber gleichzeitig für bessere Arbeitsbedingungen in der Sexarbeit aus. Wir nehmen wahr, dass sich die politische und fachliche Debatte wieder in eine Richtung entwickelt, in der Sexarbeit in die Illegalität gedrängt wird. Dieses lehnen wir weiterhin entschieden ab.
Sexarbeit ist eine gesellschaftliche und soziale Realität in Deutschland. Die Gruppe der Sexarbeiter:innen ist nicht homogen. Die Gründe in die Sexarbeit einzusteigen, sind so unterschiedlich und vielfältig wie die Problemlagen der Menschen. Die Spanne reicht von freiwilliger Sexarbeit, materieller Not, Drogenabhängigkeit bis zu Gewalt. Armut, Sprachbarrieren oder ein niedriger Bildungsstand bedeuten jedoch nicht automatisch Zwangsprostitution.
Eine Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Sexarbeiter:innen kann nicht durch eine Illegalisierung, welche eine Kriminalisierung zur Folge hätte, erreicht werden, sondern nur durch die Stärkung ihrer Rechte und adäquate Hilfsangebote.
Sobald die Sexarbeit ins Dunkelfeld abrutscht, ist es schwierig, die Gruppe der Frauen und Männer zu erreichen, um ihnen Unterstützungs-, Beratungs- und Gesundheitsangebote machen zu können, die auf die individuelle Situation angepasst sind und ihnen die gewünschte Unterstützung und auch Hilfe zum Ausstieg anzubieten. Die Auswirkungen einer Illegalisierung der Sexarbeit konnten wir bereits in der Covid19-Pandemie spüren. Wir brauchen gesetzliche Rahmenbedingungen, die der Unterschiedlichkeit der Sexarbeiter:innen gerecht wird, bessere Arbeitsbedingungen in der Sexarbeit und Beratungsstellen, in denen die Sexarbeitenden gesehen und verstanden werden. Beratungsstellen, die die individuell gewünschte Unterstützung, Präventions-, Beratungs- und Hilfsangebote sowie auch Hilfe zum Ausstieg anbieten können. Gewalt und Zwang müssen nach §232 StGB geahndet werden.
Unsere Fach- und Beratungsstelle „Nachtfalter“ für Betroffene von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, sowie die Beratungsstelle „freiRaum“ für Frauen, die in der Sexarbeit tätig sind, profitieren durch enge Zusammenarbeit, eine gute Vernetzung ins Milieu und einen regelmäßigen Austausch. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir durch ein solches Modell den Frauen, die in der Sexarbeit tätig sind, die bestmögliche Beratung und Unterstützung zukommen zu lassen können.